Interview mit Boris Bialek Was bringt die Kooperation von MongoDB mit der Temenos Banking Cloud?

Von Dr. Dietmar Müller

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Eine neue Vereinbarung zwischen MongoDB und Temenos hat das Ziel, Full-Service-Multi- und Hybrid-Cloud-Angeboten bis hin zum lokalen Selbstmanagement für die Finanzbranche anzubieten. Im Gespräch mit CloudComputing-Insider beleuchtet Boris Bialek, Global Head of Enterprise Modernization bei MongoDB, die Hintergründe.

Eine Kooperation von MongoDB und Temenos will Full-Service-Multi- und Hybrid-Cloud-Angebote für die Finanzbranche anbieten.
Eine Kooperation von MongoDB und Temenos will Full-Service-Multi- und Hybrid-Cloud-Angebote für die Finanzbranche anbieten.
(Bild: gemeinfrei, janeb13 / Pixabay)

Früher galt das Bankwesen als eine etwas biedere und konservative Branche, die sich technologisch mit der Geschwindigkeit von Gletschern weiterentwickelte. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Unter dem Druck anspruchsvoller Verbraucher und flinker Wettbewerber haben sich die Entwicklungszyklen deutlich verkürzt, neue Verfahren nicht zuletzt auf Basis von Cloud Computing haben die Branche umgekrempelt.

Davon profitiert auch Temenos, Anbieter von Finanzdienstleistungsanwendungen, die von weltweit über einer Milliarde Kunden genutzt werden. Banken können Temenos-Komponenten in ihre bestehenden lokalen Umgebungen oder in ihrer eigenen Umgebung in ihren Cloud-Bereitstellungen einbetten oder – und das ist neu – sie mit „Temenos T365 powered by MongoDB“ auf verschiedenen Cloud-Plattformen bereitstellen. Dabei kommt eine MongoDB-basierte Microservices-basierte Infrastruktur zum Einsatz.

Details dazu wollten wir von Boris Bialek erfahren, er betreute bei MongoDB jahrelang die Rolle als Head of Innovation EMEA und leitet heute als Managing Director, Industry Solutions and Market Intelligence, ein internationales Team rund um Modernisierung und Innovation. Bevor er zu MongoDB kam, hatte er leitende Positionen in verschiedenen Unternehmen wie FIS und IBM inne und verfügt über einen Master-Abschluss am Karlsruher Institut für Technologie.

CloudComputing-Insider: Herr Bialek, Sie raten der Finanzbranche zu Multi-Cloud-Umgebungen. Wieso können die einschlägigen Workloads besser und sicherer verarbeitet werden als im Falle der Konzentration auf nur einen Cloud-Anbieter?

Boris Bialek: Je besser die Verteilung über mehrere Cloud Provider, desto besser kann das Unternehmen bei Ausfällen der Provider reagieren. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Ausfälle sehr wohl vorkommen. Eine „all eggs in one basket“-Situation kann sehr negative Auswirkungen auf das Geschäft haben.

Wie kann eine Multi-Cloud-Umgebung die Anwendungsverfügbarkeit und die Ausfallsicherheit verbessern?

Bialek: Neben der grundsätzlichen Möglichkeit, das beste aus allen Welten zu benutzen, verhindert die Verteilung auf mehrere Provider das oben angesprochene Klumpenrisiko. Weiterhin erlaubt die Benutzung von mehreren Providern die bessere Datenverteilung und damit besseren Anwenderzugriff darauf. MongoDB verwaltet diese verteile Struktur für den Kunden transparent, so dass kein zusätzlicher Aufwand erzeugt wird. Dies ist der große Vorteil einer echten Datenplattform.

Auch die regulatorischen Anforderungen sollen durch die Nutzung mehrerer Clouds verbessert werden – wie das?

Bialek: Die EU wird mit dem Digital Markets Act sehr deutlich auf die Datensouveränität zielen. Parallel sind in vielen regulierten Industrien sogenannte Fallbacks vorgeschrieben. Standard ist heute eine Möglichkeit innerhalb von 24 Stunden zwischen Providern umzuziehen im Falle einer kritischen Situation. Multi-Cloud löst dieses Problem in Sekunden anstelle von Stunden, ohne dass zusätzliche Aufwände anfallen.

MongoDB und Temenos Banking Cloud kooperieren seit geraumer Zeit. Wie sieht das gemeinsame Angebot aktuell aus? Was bringt MongoDB ein, was Temenos?

Bialek: MongoDB stellt für Temenos die Developer Data Platform in Form unseres MongoDB Atlas-Angebots. Temenos entschied sich, darauf seine cloud-basierenden Dienste anzubieten, weil MongoDB die einzige überzeugende Lösung war, die weltweit auf allen größeren Cloud Providern inklusive Alibaba, Ionos, OVHcloud und anderen für spezielle Märkte verfügbar ist. Die regulatorischen Anforderungen spielen da natürlich auch wieder eine Rolle. Hinzu kam die überzeugenden Eigenschaften wie unsere Client-Side Encryption, die einen sehr sicheren Betrieb von Kundendaten erlaubt.

Das gemeinsame Angebot richtet sich ausschließlich an Finanzinstitute, oder?

Bialek: Nicht ganz, wie gesagt: Dieselbe Lösung, die Temenos einsetzt für die TCB, ist für jeden Kunden als „MongoDB Atlas“ verfügbar und weltweit bewährt. MongoDB Atlas betreibt mittlerweile mehrere Million Kundensysteme in allen möglichen Industrien.

MongoDB gilt als „angesagte“ Datenbank, junge Entwickler scheinen sie gerne zu nutzen. Nichtsdestotrotz gibt es hunderte Alternativangebote, in Unternehmen (wie Finanzinstituten) finden sich laut Analysten in der Regel wenigstens zehn verschiedene Datenbanken. Wieso sollten ausgerechnet Banken auf MongoDB setzen?

Bialek: Temenos ist nur ein Beispiel für die verschiedenen Softwarehäuser, die nun auf MongoDB als strategische Datenlösung setzen. Es geht ja nicht nur mehr um die klassische Datenbank, sondern um die gesamte Abwicklung von Daten über ihren Lebenszyklus hinweg. Dies beginnt bei MongoDB Realm in mobilen Geräten und wird oft bereits für sicheres Mobile Banking benutzt, die Verbindung in die Cloud und die Basissysteme durch MongoDB DeviceSync, die eigentlichen Transaktionssysteme, die das Fundament für MongoDB sind, Realime Analytik mit Fraud und Money Laundering Funktionen bis zur Datenablage von mehreren Jahren im MongoDB Atlas Data Lake, der dann nach wie vor vollen Datenzugriff ermöglicht. Kunden schätzen den Einsatz einer solchen Plattform gegenüber einer Mischung von dutzenden Produkten durch verschiedene Hersteller. Und da die Daten alle in JSON vorliegen, gibt es auch kein Lock-in Risiko.

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Temenos und MongoDB hatten sich erstmals 2019 zusammengetan, um „Component Services“ zur Verbesserung der Temenos-Produktfamilie zu erstellen. Der Ansatz sieht vor, die Komponenten „vor“ der Temenos Transact-Plattform zu platzieren. Können Sie für uns zunächst einmal Component Services definieren?

Bialek: Die Component Services oder einfach auf Deutsch, die Komponenten-Dienste, sind Teil der Temenos Infinity Familie. Deren Einsatz erlaubt eine schrittweise Erneuerung der kundenseitigen Umgebung und implementiert den ersten Schritt in eine Microservice-basierte Zukunft des „Serverless Core Banking“. Immer mehr Dienste werden aus dem Monolithen herausgelöst und durch Dienste ersetzt, die eine wesentlich flexiblere Bankenumgebung erlauben.

Und was bedeutet die Platzierung „vor“ der Plattform?

Temenos und MongoDB hatten sich 2019 zusammengetan, um „Component Services“ zur Verbesserung der Temenos-Produktfamilie zu erstellen.
Temenos und MongoDB hatten sich 2019 zusammengetan, um „Component Services“ zur Verbesserung der Temenos-Produktfamilie zu erstellen.
(Bild: MongoDB)

Bialek: Wie man auf der Grafik sieht, sind die Dienste an die Temenos Transact Umgebung angebunden, aber werden direkt von den Benutzern “angesteuert”, ohne über Transact zu gehen. Dies ist typisch für moderne Microservice-Architekturen und ermöglicht eine bessere Skalierung und stärkere Ausnutzung der Ressourcen.

Der Deal mit Temenos sieht vor, dass Temenos zusätzlich MongoDB im Rahmen von Full-Service-Multi- oder Hybrid-Cloud-Angeboten bis hin zum lokalen Selbstmanagement anbietet. Was hat für Sie größere Bedeutung? Die Component Services oder die Vermarktung via Temenos?

Bialek: Weder noch! Für uns sind die Möglichkeiten, die den Kunden geboten werden, wesentlich interessanter. MongoDB hat eine Strategie, die jedem Kunden die Möglichkeit gibt, auf seinen Pfad zu gehen – ob On-Premises oder in der Cloud, selbst verwaltet oder in Form eines Data-as-a-Service. Wir sind begeistert, dass Temenos sich also genauso aufgestellt hat und wir damit eine für jeden Kunden passende Lösung anbieten können.

Temenos führte kürzlich einen High-Water-Benchmark-Test mit cloud-nativen AWS-Management-Services und dem MongoDB Atlas Cloud-Datenbank-Service durch. Mit 200 Millionen Konten und 100 Millionen Kunden ergab der Test Zahlen von 102.875 Transaktionen pro Sekunde, was durchaus beeindruckt. Unterm Strich geht es bei der Kooperation also darum, mehr Transaktionen in kürzerer Zeit durchführen zu können als bisher, etwa mit relationalen Datenbanken. Richtig?

Bialek: Natürlich sind Benchmarks immer ein Schnappschuss zu einem bestimmten Zeitpunkt. Und wir sind zufrieden, dass wir das bestehende Ergebnis mehr als verdoppelt haben in Bezug auf den Durchsatz. Aber viel interessanter war es, dass MongoDB eine Antwortzeit von unter 1 Millisekunde geliefert hat, während es beim Legacy RDBMS 79 Millisekunden waren. Dies hat uns dann doch etwas überrascht – mit besseren Zahlen haben wir auf Grund des JSON Dokumentenmodells gerechnet, aber nicht so massiv. Der wichtige Nebeneffekt was, dass der ökologische Fußabdruck um den Faktor 4 gesunken ist. Das heißt mit selber Hardware wären mehr als viermal so viele Transaktionen möglich. Eine Bank, die auf diese Umgebung upgraded, kann also entweder viermal so viele Kunden betreuen oder einfach ein viermal kleineres System einsetzen.

Klar wollen Sie als Vertreter von MongoDB die eigene Datenbank promoten – aber wäre es für Finanzinstitute nicht ratsam, eine Transaktionsplattform zu betreiben, an die sich prinzipiell jede Datenbank anbinden lässt? Und die die verschiedene Verwaltungskonsolen und Tools für Datenbanken wie Microsoft SQL Server, Oracle, PostgreSQL, MySQL oder eben MongoDB unter einer zentralen Managementebene konsolidiert?

Bialek: Als wir mit Temenos am Benchmark gearbeitet haben, gab es einen Punkt, der dauernd wieder aufkam: Sie wollten die beste Gesamtlösung für ihre Kunden – und nicht nur eine favorisierte Datenbank. Die sehr vielseitigen Faktoren wie Sicherheitskonzepte, Cloud-Verfügbarkeit, usw. haben alle die Entscheidung massiv beeinflusst.Das Ergebnis kann für sich selbst sprechen. Aber mit der hochkompetitiven Finanzindustrie im Blick: Wieso soll jemand mit einer Legacy-Datenbank eine moderne Lösung implementieren, wenn die optimale Lösung ebenfalls verfügbar ist. Und unsere vielen Kunden geben uns damit täglich recht.

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