Die Rand-Notiz zum Wochenende Neue Datenbrille: Google testet AR-Funktionen öffentlich

Von Michael Eckstein

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Gut acht Jahre nach dem gescheiterten Projekt „Google Glass“ will es der Tech-Konzern noch einmal wissen und entwickelt eine neue AR-Brille mit dem Fokus auf Simultanübersetzungen. Erste Prototypen dürften ab August in freier Wildbahn zu sehen sein – zumindest in den USA.

Kurioses, Tierisches, Nachdenkliches oder einfach nur „nice to know“ – die Rand-Notiz zum Wochenende.
Kurioses, Tierisches, Nachdenkliches oder einfach nur „nice to know“ – die Rand-Notiz zum Wochenende.
(Bild: koldunova - stock.adobe.com)

Offenbar ist Google mit der Entwicklung einer neuen Augmented-Reality-Brille, die zusätzliche Informationen in das Sichtfeld des Trägers einblendet, so weit vorangekommen, dass der Konzern erste Modelle in der Öffentlichkeit testen will. „Wir werden AR-Prototypen in kleinem Maßstab in öffentlichen Umgebungen ausprobieren“, erklärt Google Group Manager Juston Payne in einem aktuellen Blog-Post. Lediglich ein paar Dutzend Google-Mitarbeiter und wenige ausgewählte Tester würden Prototypen der Datenbrille ab August an einigen Orten in den USA tragen.

Nach Angaben von Payne werden die Brillen, die wie herkömmliche Sehhilfen ausschauen und – wenig überraschend – mit In-Lens-Displays sowie Mikrofonen und Kameras ausgestattet sein, mit denen sie ihre Umgebung erfassen. Die Bild- und Audiodaten werden an eine Cloud geschickt und hier mithilfe von Künstlicher Intelligenz ausgewertet – etwa für die Objekterkennung oder eben Übersetzungen. Laut Google ist der Testlauf auch ein „Real Life“-Training dieser KI.

Simultanübersetzung für fremde Sprachen

Eine der naheliegenden Anwendungen – auf die Google auch den Fokus legt – ist die Simultanübersetzung. In der einfachsten Form kann das beispielsweise die Übersetzung einer Speisekarte sein, die direkt über dem Original eingeblendet wird. Deutlich komplexer als dieser statische Fall ist das unmittelbare Transkribieren von gesprochener Sprache. In einem Beispielvideo (siehe unten) zeigt Google, wie es sich einen Dialog zweier Menschen vorstellt:

Die per Mikrofon aufgenommene Sprache des Gegenübers wird in der Cloud per Google Translate übersetzt und das Ergebnis gleich als Text in der eigenen Muttersprache eingeblendet. Man antwortet in seiner Sprache, und der Gesprächspartner erhält die Übersetzung wiederum in seiner Google-AR-Brille eingeblendet. Auch das Übersetzen von Gebährdensprache soll möglich werden – und damit eine neue Art der Interaktion mit Menschen, die nicht sprechen können.

Noch sind viele Fragen zu klären

Ob und wie das allerdings in einer möglicherweise lauteren Umgebung mit mehreren Menschen funktionieren kann, sind sicher einige der Fragen, die Google durch den öffentlichen Testlauf klären möchte. Auch lässt die Qualität von Google Translate in anderen Sprachen als Englisch oft zu wünschen übrig – was im Dialog zu unangenehmen Situationen führen könnte.

Neben Sprachanwendungen will Google auch die visuelle Internet-Suche nach Objekten im Blickfeld ausprobieren. Die Geräte sollen zudem Routenanweisungen in die reale Umgebung einblenden können, um etwa „den Weg zum nächsten Café zu zeigen“.

Überraschung: „Google Glas“-Nachfolger sieht wie eine normale Brille aus

Seit Google vor knapp einem Jahrzehnt seine erste Datenbrille „Google Glass“ vorgestellt hat, forschen mehrere Konzerne verstärkt an diesem Konzept. Auch von Apple und Facebook werden solche Brillen erwartet, zudem hatte der chinesische Elektronikkonzern Xiaomi im letzten Jahr eine AR-Brille vorgestellt, die – zumindest in Teilen – ein Smartphone überflüssig machen soll.

Nun also wieder Google. Laut der Tech-Website „The Verge“ strebt der Tech-Gigant für seine Brille einen Marktstart im Jahr 2024 an, lässt sich also Zeit. Payne betont denn auch: „Es ist noch früh, und wir wollen alles richtig machen. Deshalb gehen wir es langsam an und legen großen Wert darauf, die Privatsphäre der Tester und ihrer Umgebung zu schützen.“

Das Problem mit dem Datenschutz

Googles erster Anlauf war unter anderem an Datenschutzbedenken weitgehend gescheitert. Payne verweist daher darauf, dass die neuen Brillen „strengen funktionalen Einschränkungen“ unterliegen. So sollen sie beispielsweise keine Foto- oder Videoaufnahmen machen können. Die für die Funktion nötigen Bilddaten werden laut Google unmittelbar nach der Verwendung gelöscht.

Lediglich für Analyse-Zwecke könnten begrenzte Datensätze bis zu 30 Tage lang „auf einem sicheren Server“ gespeichert werden, wobei Gesichter und Autokennzeichen unkenntlich gemacht würden. Auf diese Server hätte nur eine „kleine Anzahl von Googlern zur Analyse und Fehlersuche Zugriff“. Beim neuen Modell soll zudem eine nach außen sichtbare LED darauf aufmerksam machen, wenn die Kamera läuft.

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Da das Testen solcher Produkte in reinen Laborumgebungen seine Grenzen hat, will der Konzern damit „im echten Leben“ Erfahrungen sammeln – in einem streng definierten Rahmen. Nach Angaben von Google ist es den Testern untersagt, in Schulen, Regierungsgebäuden, Einrichtungen des Gesundheitswesens, religiösen Stätten, sozialen Einrichtungen, Bereichen für Kinder wie Spielplätzen, Notfalleinrichtungen, bei Kundgebungen oder Protesten und an ähnlichen Orten zu testen. Auch dürfen sie die Brillen nicht am Steuer oder beim Sport tragen.

Ein weiterer, entscheidender Punkt: Noch ist es sicherlich zu früh, über Batterielaufzeiten der Brillen zu sprechen. Doch die Energieversorgung wird ein Problem sein – besonders, wenn die Datenbrillen schlank wie gewohnte Sehhilfen bleiben sollen.

Dieser Beitrag wurde erstmals auf unserem Partnerportal Elektronikpraxis veröffentlicht.

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